Für etwaige Wünsche, Bitten und Beschwerden bin ich manchmal erreichbar unter:
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Mein Skype - Name: neptun.22



Sonntag, 31. Mai 2009

Von Gouves nach Iraklion

In der Nacht war dann der Teufel los. Nein, nein, nicht wettermäßig, da war alles paletti. Nur ein Schwarm Gelsen (für Nicht – Ösis: Stechmücken…) sorgte für heftigen Aufruhr im Bauch von Sandpiper. Die Biester waren anscheinend gut trainiert, achteten auf ihre Deckung, griffen aus dem Hinterhalt an und verschwanden dann wieder im Dunklen der Hundekoje oder unter der Dinette. Der Kampf war hart und verlustreich - für beide Seiten. Stundenlang wogte die Schlacht, es wurde kein Pardon gegeben. So viele Ohrfeigen habe ich mir selber noch selten gegeben… Dabei haben die Biester ja nicht einmal gestochen! Aber dieses fiese Geräusch, wie ein Stuka (Sturzkampfbomber…) neben meinem Ohr ließ mich einfach nicht schlafen. Dazu kam noch, dass ich genau in der Anflugschneise…


…des Flughafens von Iraklion ankerte. Bei jedem sich nähernden Flugzeug wurde ich munter, und es kamen eine Menge in dieser Nacht….
Am Morgen war ich dementsprechend gelaunt, aber ein strahlend schöner Tag verbesserte meine Stimmung zusehends. Bei einem guten Frühstück beobachtete ich das beginnende Strandleben der dortigen Hotelgäste…



…und war mit der Welt wieder versöhnt – da ich ja nur den Anker zu lichten brauchte, um von dieser Stätte der Massenabfertigung verschwinden zu können.
Wieder war dümpeln angesagt, in den riesigen Hafenkomplex von Iraklion lief ich dann unter Motor ein. Die Umgebung der Hafeneinfahrt ist eine einzige Müllhalde, untermalt mit den Geräuschen von unentwegt startenden oder landenden Flugzeugen des unmittelbar angrenzenden Flughafens. Der Sportboothafen, ganz im letzten Eck neben einem venezianischen Kastell versteckt, entpuppte sich als chaotisch und voll belegt. Nach zwei Runden wollte ich entmutigt wieder auslaufen, als mir ein freundlicher Grieche einen freien Platz zeigte. Ich hatte damit großes Glück, denn die nach mir einlaufenden fremden Schiffe mussten allesamt umkehren und im Außenhafen ihr Glück versuchen. Der Steg selbst ist eine Katastrophe: Die Muringleine zu kurz, keine Klampen oder Poller, usw. Ich musste erst eine Leine durch die Bodenbretter des Steges fädeln, um Sandpiper irgendwie belegen zu können. Zum Glück ging kein Seitenwind, sonst wäre das Manöver nicht so glimpflich abgelaufen…
Ich wandere etwas durch die Stadt, genehmige mir einen (ganz guten) Mixed Grill und komme zu der Erkenntnis, so eine dreckige und verluderte Stadt schon lange nicht mehr gesehen zu haben. Meinem bekannt untrüglichen Orientierungssinn blind vertrauend verlaufe ich mich natürlich und lege eine Ehrenrunde durch die halbe Stadt hin. So komme ich zu einer unfreiwilligen, aber dafür kostenlosen Stadtbesichtigung. Außerdem bin vom Regen in die Traufe gekommen: Statt der landenden überfliegen mich nun die startenden Flugzeuge… Was soll’s, ich bin ja nur wegen dem minoischen Palast von Knossos hergekommen, den ich mir morgen ansehen möchte. Denn wenn ich schon mal in der Nähe bin…

Etmal: 9sm, Position: N 35° 20,61’ / E 025° 08,19’

Samstag, 30. Mai 2009

Von Spinalonga nach Gouves

Ein wunderschöner Tag beginnt. Nach einem ausgiebigen Frühstück verlasse ich, es ist noch früh am Morgen, die herrliche Bucht. Die ersten paar Meilen muss ich noch motoren, aber kurz nach dem runden des gefürchteten Kap A. Ioannis…


…kann ich endlich die Segel setzen! Ein herrlicher Segeltag mit all seinen Höhen und Tiefen beginnt. Trotz Schwachwind habe ich alle Hände voll zu tun mit Segel wechseln, Blister rauf, Blister runter, hoch am Wind, Butterfly, Blister zum Spinnaker umfunktionieren, Spibaum schiften, usw. Ich habe nach 12 Stunden (!!!) zwar nur 29sm abgesegelt, aber es hat höllischen Spaß gemacht! Nachdem das Baro einen waagerechten Strich zeichnet und der Wetterbericht laut Navtex nichts Dramatisches prophezeit, lege ich mich am Abend vor der Ortschaft Gouves ganz einfach an einem herrlichen Sandstrand vor Anker. Es gibt dort zwar so eine Art „Hotel – Marina“, aber Sandpiper und ich wollen alleine sein…. Während des traumhaften Sonnenunterganges schmurgle ich mir was Leckeres in der Pfanne, als Nachspeise gibt es Joghurt mit Marillenmarmelade. Ich bin satt und zufrieden, rundum glücklich. Solche Tage sollte es mehr geben…

Etmal: 29sm, Position: N 35° 20,14’ / E 025° 17,79’

Freitag, 29. Mai 2009

Spinalonga

In der Nacht hat der Wind nachgelassen, ich habe wie ein Murmeltier geschlafen. Ich lege einen Faulenzertag ein, lege mich vor der kleinen Festungsinsel vor Anker...


...und bin dort der erste Besucher des Tages. Zu meinem Glück, denn gerade als ich meine Besichtigung beende fallen Heerscharen von Touristen, die mit Ausflugsschiffen herangekarrt werden, ein – nichts wie weg hier…
Im 15. Jahrhundert errichteten die Venezianer auf Spinalonga eine Burg bzw. ein riesiges Fort:



1669 eroberten die Türken Kreta. So ein Fort mit solch dicken Mauern war aber zu dieser Zeit praktisch uneinnehmbar:



Noch ein halbes Jahrhundert nach dem Einfall der Türken in Kreta blieb Spinalonga in venezianischer Hand und wurde zum Zufluchtsort für die Christen, die vor der Wut der Türken hierher flüchteten. Erst im Jahre 1715 überließen die Venezianer den Türken in einem Sondervertrag die kleine Insel. Bis die Türken um 1900 Kreta endgültig verließen, diente die mächtige Burg als Wohnraum für türkische Siedler.
Im Jahre 1903 machte die Kretische Republik Spinalonga zu einer Leprakolonie:


Wie fast überall auf der Welt wurden die Aussätzigen aus der Gemeinschaft ausgestoßen und gezwungen, hier isoliert zu leben und zu sterben. Alle Einwohner von Kreta, welche an der Lepra erkrankt waren, wurden nach Spinalonga verbannt. Die Lepra war zu dieser Zeit (etwa 1900-1950) eine Hochansteckende, gefährliche und unheilbare Krankheit. Niemand konnte geheilt werden - also erwartete den Leprakranken auf Spinalonga lebenslänglich. In Spitzenzeiten waren über 1000 Kranke auf der Insel. Dies blieb so bis etwa 1953 die ersten wirksamen Lepramedikamente gefunden wurden. Etwa 8 Jahre später wurde die Leprastation Spinalonga überflüssig und aufgelöst. Einwohner der Region nutzten darüber hinaus die Tatsache aus, dass die Kranken eine bescheidene staatliche Unterstützung erhielten. Mit kleinen Booten brachten sie Lebensmittel auf die Insel, die sie dort zu weit überhöhten Preisen verkauften. Auf diese Versorgung von außen angewiesen, waren die Inselbewohner wehrlos. Als in den 40er Jahren eine Medizin zur Behandlung dieser Krankheit entdeckt wurde, begann Lepra langsam seinen einstigen Schrecken zu verlieren und damit verbesserte sich auch das Schicksal der Verbannten. 1957 schließlich verließen die letzten zehn Überlebenden die Insel, Spinalonga war von nun an nur noch historisches Relikt.
Die Spinalongabucht vor der Stadt Elounda war bis zum 2. Weltkrieg Zwischenstation für die Postflieger des britischen Imperiums, die so die Verbindung nach Indien aufrecht hielten. Hier landeten die Wasserflugzeuge, wurden aufgetankt und versorgten in Krisen die Truppen auf Kreta.
Ich verhole mich weit genug von den Ausflugsschiffen weg und verbringe den Rest des Tages mit etwas wandern und schnorcheln. Ich versuche, mit der Harpune ein paar Fische zu erlegen:


Ich glaube allerdings, die lachen jetzt noch. (Ich wollte für das Foto auch lachen, aber da wäre mir dann das Messer aus dem Mund gefallen...)
Das Ding schießt so was um die Ecke, unbeschreiblich. Der sicherste Platz für die Fische war der vor der Pfeilspitze. An dieser Technik muss ich also auch noch feilen – oder eben hungern…

Donnerstag, 28. Mai 2009

Von A. Nikolaos nach Spinalonga

Ich verabschiede mich von Jürgen und Uschi, Hans – Peter, Theo und Leslie und von Ekki. Meine Stimmung ist nicht besonders, wieder einmal muss ich liebgewordene Menschen verlassen. Der Wind pfeift zwar ein bisschen viel, aber Hans – Peter und Ekki helfen mir beim Ablegen. Ein letztes Winken noch, dann bin ich wieder alleine auf weiter Flur:


Ich komme, nur unter Fock, gut voran. Ich will eigentlich nur ein kurzes Stück die Küste Hochsegeln und dann in die große Spinalonga – Bucht einlaufen, um die dortige Festung und die ehemalige Leprakolonie zu besichtigen. Ich setze das Großsegel zur Fock, als der Wind günstig steht. Leider schläft dieser auf halbem Wege ein – dachte ich zumindest. Er hat nämlich nur tief Luft geholt… Während ich mich mit den flappenden Segeln rumärgere, sehe ich im Norden urplötzlich weiße Schaumkronen auf den Wellen auftauchen – oje, jetzt aber schnell! Ich kann gerade noch das erste Reff einbinden, dann geht’s schon zur Sache. Diesmal aber so richtig. Hatten wir ja schon länger nicht mehr. Die Reffbändsel kann ich gar nicht mehr einbinden, ich halte mich lieber fest… Ich muss aber gegenan, es nützt nichts. Schnell bin ich klatschnass, für die Brillen wären Scheibenwischer auch nicht schlecht… Kurzzeitig laufe ich vor dem Wind ab, um das zweite Reff einzubinden und in mein Schwerwetterzeug zu schlüpfen. Dann nehme ich den Kampf auf. Wäre doch gelacht! Stundenlang kämpfe ich mich die paar Meilen hoch; der Autopilot kann mit diesen Wetterbedingungen nicht mehr mithalten, er reagiert zu langsam. Die Fock ist zu groß für die herrschenden Windverhältnisse, Sandpiper wird ziemlich Leegierig. Das ist blöd, aber die Wellen gehen mir zu hoch, um das Vorsegel zu wechseln. Nochmals Ablaufen möchte ich auch nicht, die Heißerkämpfte Höhe will ich nicht wieder herschenken. Ein paar Mal dachte ich, jetzt liegen wir flach, aber Sandpiper richtete sich immer wieder brav auf, schüttelte sich und stampfte weiterhin munter durch die Wellen. Nur der Skipper hing mit der Zeit etwas schlaff im Cockpit… Ich versuche in die Landabdeckung zu kommen, das bringt in diesem Fall aber auch nichts, nur die Wellen werden unwesentlich kleiner. Sandpiper legt eine atemberaubende Schräglage hin, zudem ist der Wind ziemlich böig. Ich muss bei deren Einfall Sandpiper anluven lassen, sonst wird die Krängung zu viel. Es erstaunt mich, dass Sandpiper bei dreißig Knoten Wind anständig Raum nach Luv macht. Der Schwachpunkt des Gespanns bin wieder mal ich; einmal lege ich eine Patenthalse hin (das war allerdings nicht lustig…), die das Rigg in seinen Grundfesten erschütterte. Den Kopf konnte ich ja gerade noch in Sicherheit bringen, aber ich hab geglaubt, den Traveller reißt es aus seiner Verankerung, so hat es gekracht. Bei den Wenden bräuchte ich eine dritte Hand, die haben auch nicht alle einwandfrei geklappt. Ein paar Mal brachte ich Sandpiper nicht durch den Wind, dann behalf ich mir eben mit der Technik der Q – Wende. Für mich ist es immer wieder schön zu erleben (im wahrsten Sinn des Wortes…), wie viel Wind und Welle dieses kleine Schiffchen abkann. Ich war dann allerdings schon froh, als ich in die Spinalonga – Bucht einlaufen konnte…. Sandpiper und ich waren über und über mit Salz bedeckt, meine schwarze Jacke graugefleckt. Die gestrige Süßwasserwäsche Sandpipers hätte ich mir sparen können.
Ich suche mir ein halbwegs geschütztes Plätzchen...


...und lasse bei dreieinhalb Meter Wassertiefe alle dreißig Meter Kette raus – ich bin hundemüde und möchte keinen Ankerplatzstress in der Nacht haben. Außerdem habe ich eh ungehindert Platz zum schwojen. Das Ankermanöver fahre ich unter Segel, ein schönes Manöver, wie ich finde.
Ich klariere Sandpiper auf, befreie uns so gut es geht vom Salz und versuche mit Corned Beef, Knoblauch, Zwiebel und Eiern ein schnelles und nahrhaftes Abendessen herzustellen.
Hoffentlich schmeckt es dem Klabautermann auch…..

Etmal: 21sm, Position: N 35° 16,86’ / E 025° 43,51’

Mittwoch, 27. Mai 2009

A. Nikolaos

So, es reicht! Wenn ich nicht bald von hier verschwinde, schlage ich Wurzeln. Irgendwie herrscht hier in der Marina ein sehr angenehmes (menschliches) Klima. Schade, aber ich muss dennoch weiter, der Weg ist noch lange, das Ziel noch weit. Ich begleiche meine Marinagebühren, bunkere frische Lebensmittel und drehe noch einmal eine Runde durch die Stadt, die mir ein bisschen ans Herz gewachsen ist. Ich borge mir Ekki’s...


...langen Wasserschlauch aus und bringe Sandpiper auf Hochglanz. Jürgen stellte mir noch eine CD mit einer Unmenge an nautischer Information zusammen. Theo und Leslie, meine Schweizer Nachbarlieger, wechseln mir freundlicherweise meine restlichen türkischen Lire um, die keine Bank hier nehmen wollte… Mit den Beiden dann noch einen gemütlichen Abend auf deren Schiff verbracht. So eine Hallberg Rassy ist schon ein schönes Schiff – allerdings weit außerhalb meines Budgetrahmens…

Dienstag, 26. Mai 2009

A. Nikolaos

In den letzten Tagen ist es ziemlich heiß geworden, bis 32 Grad habe ich gemessen. Auch das Wasser hat schon angenehme Temperaturen erreicht.
Ich trampe durch die Stadt...


...besorge mir mit meinem Wägelchen Benzin und Öl. Beim Übersteigen auf Sandpiper passiert es dann: Mit einem unangenehmen Geräusch bricht der Wasserschi, welchen ich als Passarella verwende, in einem für mich eher ungünstigen Augenblick urplötzlich entzwei. Sekundenbruchteile später, nach einem kurzen, aber heftigen Körperkontakt an vorstehenden Teilen von Sandpiper tauche ich tief in das bereits angenehme Wasser des Hafenbeckens ein. Mein leicht überrascht / dämliches Gesicht in diesem Moment hätte ich gerne gesehen! Nach dem Auftauchen registriere ich erstmal, das Archimedes Recht hatte, da der gefüllte 20 Liter Blechkanister lustig neben mir schwamm und nicht untergegangen war. Ferner stellte ich erleichtert fest, dass sich Brille und Geldbörse noch an ihren von mir bestimmten Orten befanden und der körperliche Schmerz sich in Grenzen hält. Also alles halb so wild – vom angeknacksten Ego einmal abgesehen. Aber man will ja dem Publikum was bieten….

Erschrocken tauchte da der Klabautermann an der Reling auf:

„Was ist denn jetzt schon wieder los? Was machst du da?“
Ich tauche nach Perlen.
„Hier im Hafen? In voller Montur? Und warum hast du dazu den Benzinkanister anstatt der Taucherbrille mitgenommen?“
Ich probiere eine völlig neue Technik aus, das verstehst du nicht.
„Und ich dachte schon, du wärst ins Wasser gefallen!“
Was du immer denkst! Hilf mir hier lieber raus, es ist keine Leiter in der Nähe und der Kanister ist schwer.
„Warum machst du eigentlich meinen Job?“
Wie soll ich das verstehen?
„Du turnst im Mast rum, treibst allerhand unfreiwilligen Schabernack, machst Lärm wenn dir das Werkzeug oder das Kochgeschirr aus der Hand fällt und manchmal fluchst du, dass es einem die Schamesröte ins Gesicht treibt. Warum bleibst du nicht ruhig an der Pinne sitzen und singst „o sole mio“, wie alle anderen auch?“
Der innere Drang ist schuld daran!
„Wo bin ich eigentlich hier Reingeraten? Womit habe ich das verdient?“

Sprachs und verschwand wieder unter Deck…

Montag, 25. Mai 2009

A. Nikolaos

Ich klettere mit Unterstützung durch meine Bersteigerklemmen in den Mast. Bei der Saling ist aber erstmal Schluss, da mich der aufkommende Wind umzuschmeißen droht. Kurzerhand spanne ich von der Höhe der Saling aus Sandpiper zu Nachbarschiffen ab, nun komme ich in den Masttopp, ohne einen Seenotfall im Hafen zu produzieren…. Ich klariere das vertörnte Blisterfall, montiere den Radarreflektor so hoch als möglich und kontrolliere die Anschlagpunkte der Wanten und Stage. Alles i.O., das freut mich. Die Lagerbuchse des Autopiloten ist locker geworden, bei deren Reparatur reiße ich ein Kabel ab, muss wieder einmal die Backskiste komplett ausräumen und mich in dieselbe hineinzwängen. Glücklicherweise bin ich schlank und noch gelenkig….

Sonntag, 24. Mai 2009

A. Nikolaos

Mit Leo und Luba den Tag verbracht, auf ihrem Schiff einige Reparaturen durchgeführt. Komisch, ich dachte immer eine „Hanse 540“ wäre ein tolles Schiff. Nachdem ich aber in dessen Inneres abtaucht bin, habe ich meine Meinung schnell wieder geändert….
Ich wurde von Leo und Luba zum Essen eingeladen, es wurde ein herrlicher Abend in einem netten Lokal am kleinen See. Schade, dass die Beiden schon weiterfahren, aber sie müssen das Schiff zeitgerecht nach Montenegro bringen.

Samstag, 23. Mai 2009

A. Nikolaos

Ich mutiere zum Faulenzer, habe aber nicht einmal ein schlechtes Gewissen dabei… Die Leute sind sehr freundlich zu mir, überhaupt gefällt es mir hier sehr gut.


Die Marineros sind auf zack und ebenfalls freundlich, was ja keine Selbstverständlichkeit ist.
Die Schotschiene beschäftigt mich länger als mir lieb ist. Einen Teil der Schrauben bolze ich durch, die anderen ersetze ich durch längere. Alles vorher anständig eingedichtet und dann die Karniese wieder montiert. Das hält nun für immer. In der Stadt entdecke ich in einem Geschäft breite Antirutschstreifen, die ich an strategisch wichtigen Stellen am Schiff anbringe.

Freitag, 22. Mai 2009

A. Nikolaos

Jürgen ist so nett und sucht mir aus seinem unerschöpflichen Fundus an Seekarten für meine nächsten Ziele die passenden heraus, Uschi zeigt mir einen Copyshop in der Stadt. Für die 14 Kopien, teils auch große, bezahle ich 39,50 €. Um diesen Betrag bekäme ich sonst gerade mal 2 neue Seekarten….
Eckhard bietet mir die Benutzung seiner Waschmaschine an, was ich natürlich gerne annehme. In der Marina gibt es zwar auch eine, die ist aber teilkaputt und meistens belegt. Bald sieht Sandpiper aus wie „über die Toppen beflaggt“. Den Teppichboden fummle ich auch raus, um ihn mit viel Waschmittel und einer groben Bürste zu reinigen. Ich genieße das ruhige Liegen hier, faulenze rum und helfe Eckhard ein bisschen bei seinem Schiff

Donnerstag, 21. Mai 2009

A. Nikolaos

Mit Uschi zum Lidl einkaufen gefahren. Mit dem Bus, da der Supermarkt ca. drei Kilometer entfernt liegt. Ich Idiot kaufe zu viel ein, schleppe wie ein Lastenesel Dosen, Salami und Co. durch die Gegend. Die Lebenshaltungskosten sind gegenüber Österreich hier wesentlich höher. Ich gab 125,- € aus, da war aber nichts Besonderes dabei. In Österreich habe ich nie mehr als 60,- € bezahlt, bei in etwa gleicher Warenmenge.

Mittwoch, 20. Mai 2009

A. Nikolaos

Nach einem opulenten Frühstück bei Uschi und Jürgen...


...verquatschen wir den halben Tag auf ihrem Schiff. Fahrtensegler haben sich ja immer etwas zu erzählen. Erfahrungen werden ausgetauscht, mögliche Routen besprochen, Tipps und Infos verwertet.
Die Faulheit siegt, ich bringe nichts weiter, genieße das sichere Liegen in der Marina, schlafe mich so richtig aus

Dienstag, 19. Mai 2009

A. Nikolaos

Eckhard kennen gelernt und geholfen sein Schiff zu verlegen, mit ihm in einem kleinen Restaurant gut gegessen, etwas eingekauft, Wäsche gewaschen, durch das Hafenviertel geschlendert und mich so richtig als Tourist gefühlt. Mit Eckhard einen gemütlichen Abend verbracht. Uschi kommt, bringt mir eine Mappe voll Information über Agios Nikolaos und lädt mich für in der Früh zum Frühstück ein

Montag, 18. Mai 2009

Von Sitia nach A. Nikolaos

Nachdem mich hier nichts hält starte ich am Morgen...


...Richtung Agios Nikolaos, meinem nächsten Etappenziel. Dort, in der sicheren Marina möchte ich einige kleinere Reparaturen in Ruhe durchführen und mich frisch verproviantieren. Die ersten sechs Meilen muss ich motoren, dann beginnt ein herrlicher Segelschlag, vorbei an einer stark gegliederten und nur spärlich bewachsenen Steilküste. Ich kann bis Agios Nikolaos durchsegeln, zum Schluss allerdings nur mehr im Schneckentempo, der Wind schläft ein. Ein Marinero empfängt mich freundlich, das Anlagemanöver klappt so was von perfekt, das ich selber überrascht bin.
In der Stadt suche ich mir ein nettes kleines Restaurant, weit abseits vom Touristenstrom. Nach einem opulenten Mahl kaufe ich noch meinen geliebten Joghurt gleich in Großfamilienmenge ein und genieße anschließend eine heiße, ausgiebige Dusche. Das tut sooo gut! Dann aktualisiere ich endlich wieder meinen Blog, den hier habe ich wieder halbwegs schnellen Internetzugang von Bord aus.

Etmal: 24sm, Position: N 35° 11,18’ / E 025° 43,09’

Sonntag, 17. Mai 2009

Sitia

Direkt ungewohnt, so eine ruhige und ungestörte Nacht vor Anker. Keine Tanker umkreisten mich, ich musste nicht alle halbe Stunde Aufstehen und einen Kontrollblick rundum machen. Nichts. Einfach nur wieder einmal durchschlafen. Herrlich!
Ich blase an Deck mein Schlaucherl auf, mit meinem Wägelchen latsche dann ich die paar hundert Meter quer durch die Pampas um Benzin zu holen. Dort erkundige ich mich aber vorher sicherheitshalber, ob ich eh mit Kreditkarte bezahlen kann, da ich kein Bargeld mehr habe….
Ich reinige wieder einmal das Unterwasserschiff vom Bewuchs und frage mich zum wiederholten Mal, warum ich eine Menge Geld für das Antifouling ausgegeben habe, wenn es eh nichts nutzt….
Die Reparatur der Schotschiene wird ein Problem. Die neun ausgerissenen Schrauben halten natürlich nicht mehr im GFK. Ich möchte die Reparatur gleich anständig durchführen und durchbolzen, doch so lange Schrauben habe ich leider nicht an Bord. Ich bräuchte welche mit 70mm (!!!) Gesamtlänge.
Mein Körper lechzt nach körperlicher Bewegung, daher bleibe ich am Ankerplatz liegen und wandere in die Stadt. Es ist zwar Sonntag, ungewohnter weise haben aber hier, im Gegensatz zur Türkei, fast alle Geschäfte geschlossen. Da heißt, ich bekomme keine längeren Schrauben für die Schotschiene. Ich wandere etwas durch die Stadt und den Hafen – na ja. Hier hält mich jedenfalls nichts.
Am Abend mache ich Spaghetti, damit der Klabautermann endlich was warmes bekommt. Leider war ich dabei etwas unkonzentriert und habe reines Meerwasser zum Kochen benutzt und nicht nur ein Drittel davon. Das Ergebnis war klar: Versalzene Spaghetti und ein Klabautermann, der eine Miene wie sieben Tage Regenwetter zieht….
Am Abend dreht der Wind, ich bin auf Legerwall. Ich kann das eh was nicht leiden. Ich stecke mehr Kette und bereite mich auf eine ziemliche Schaukelei vor.

Samstag, 16. Mai 2009

8. Tag auf See

Die Nacht verlief ruhig und völlig windstill. Kein Schiff kam in meine Nähe. Am Morgen ist ziemlich viel Tau am Schiff, alles ist patschnass. Noch immer herrscht totale Flaute. Mit dem Handy bekomme ich Empfang, ich versuche Gerhard zu erreichen, aber sein Telefon ist defekt... Dafür bekomme ich Mama und Freund Heli ans Rohr und kann endlich meine Position und meinen Gesundheitszustand durchgeben... Ich opfere wieder kostbares Benzin, um zur Küste zu gelangen. Besagte Benzinvorräte sind nun ziemlich erschöpft, für eine kurze Strecke in einen Hafen müsste es sich aber noch ausgehen. Nachdem ich Gerhard und Rosi, welche an der Südküste logieren, telefonisch noch immer nicht erreichen kann und das Treffen damit endgültig geplatzt ist, drehe ich nach Norden ab, da ich die Südküste von Kreta mit ihren Fallwinden meiden möchte. Schön langsam kommt Südwind auf, ich kann die Ostküste Kretas nach Norden Hochsegeln und runde die nordöstlichste Ecke der Insel, Kap A. Ioannis. Von dessen gefährlichen Untiefen halte ich mich gut frei, das dort in der Seekarte eingezeichnete Wrack ist allerdings nicht mehr existent. Plötzlich geht der Tanz los: Der Wind legt rasant zu, der Autopilot schafft es nicht mehr, die Böen abzufangen, ich muss die Pinne bei deren Einfall fast bis zur Brust ziehen, so luvgierig wird Sandpiper. Ich binde das erste Reff ein und schlüpfe in mein Schwerwetterzeug. Knapp unter Rumpfgeschwindigkeit geht es nun dahin, endlich steigt der Adrenalinspiegel wieder hoch! Vier Seemeilen vor dem Hafen von Siteia / Sitia hört schlagartig, so als wenn jemand einen Schalter umgelegt hätte, der Wind auf. Eine zeitlang probiere ich noch, ob ich mit dem Blister etwas machen kann, aber nichts geht mehr. Ich starte den Motor, versuche so die Stadt zu erreichen. Eine ruhige Nacht in einem geschützten Hafen hätte ich mir nach dieser langen Überfahrt doch redlich verdient, oder etwa nicht? Und wieder einmal kommt es anders… Der Wind schralt, kommt urplötzlich von vorne und frischt stark auf. Er wirft Wellen auf, weiße Gischt wird sichtbar. Das darf doch wohl nicht wahr sein, unter diesen Bedingungen verbraucht mein Motor doch glatt das Doppelte! Gerhard, das wird knapp! Ich überlege mir einen Plan B und wechsle die Genua gegen die neue Fock aus. Mit der kann ich höher an den Wind gehen, besser kreuzen. Ungefähr eine Seemeile vor der Hafeneinfahrt treffen meine Befürchtungen ein: Der Motor fängt zu stottern an, bleibt dann ganz stehen - das Spiel ist aus. Zum Glück ist, ganz gegen meiner sonstige Gewohnheit, noch nicht Nacht… Nun tritt besagter Plan B in Kraft – aufkreuzen. Zumindest bis in die Nähe der Hafeneinfahrt, um mich dort irgendwo vor Anker zu legen und mit dem (noch aufzublasenden) Schlaucherl von einer sich hoffentlich in der Nähe befindlichen Tankstelle etwas Benzin zu holen. Soweit so gut. Ich komme relativ gut hoch, der Wind hat an Stärke dramatisch zugelegt. Etwas zuviel für die Steuerbord – Schotschiene, welche urplötzlich mit einem unschönen Geräusch aus ihrer Verankerung gerissen wird. Sie zeigt in einem unnatürlichen Winkel nach oben. Neun von elf Schrauben sind ausgerissen!! Verdammt, keine Zeit für eine Panik - Ich leite sofort eine Halse ein, um den Druck von der Schiene zu nehmen. Während ich noch den Kopf einziehe, damit mich der Großbaum nicht erwischt, fällt mir ein, dass ich keinen Plan C habe….

Ich rufe nach unten: „Klabautermann, noch so eine Aktion und du fliegst über Bord!“
Erschreckt kommt der kleine Wicht hoch und beteuert hoch und heilig, dass er mit der ganzen Sache nichts zu tun habe, im Gegenteil, er hätte auch gerne etwas Ruhe, was aber zurzeit scheinbar nicht möglich sei. Er drückt sich ängstlich an mich und fragt schüchtern an:
„Sind wir in Seenot und bekommst du jetzt deine Krise?“
Nein, nein, wir haben nur ein paar kleinere technische Probleme. Nichts, was nicht in den Griff zu bekommen wäre.
„Und wie meinst du genau, bekommst du die Situation wieder in den Griff?“
Das weiß ich noch nicht.
„Fast habe ich es mir so gedacht. Wie stellt sich eigentlich unsere Gesamtsituation dar? Sei ehrlich zu mir, ich kann die Wahrheit vertragen: haben wir überhaupt eine Chance?“
Nun, wir haben zwar keinen Euro mehr im Börsel, nur 15 türkische Lira, damit macht man sich aber in Griechenland keine Freunde; wir haben auch keinen Tropfen Benzin mehr im Tank, somit kommen wir auch in keinen Hafen mehr rein. Das Brot ist schon lange aus, nur mehr zwei Eier, etwas Polenta und einige grausliche Konservendosen sind in der Kombüse; die Schotschiene hat sich unerlaubterweise verabschiedet, somit kann ich auch nicht mehr aufkreuzen; und aufs Klo müsste ich auch schön langsam….
„Oh Gott“, stöhnt da der Klabautermann auf, „wir sind dazu verdammt, wie der fliegende Holländer ruhelos über die Meere zu kreuzen. Ich bin auf einem Seelenverkäufer gelandet! Warum hilft mir den niemand!“
Sieh doch das Positive! Die Landschaft ist schön, das Boot ist dicht, wir haben noch etwas Honig und Kaffee….
„Du bist ein Irrer, weißt du das eigentlich?“
Sprachs und verzog sich wieder unter Deck.

Während ich auf dem anderen Bug segelte bastelte ich mir mit einer Rolle, einer Leine und unter Zuhilfenahme der Mittelklampe einen stabilen Ersatzholepunkt für die Fockschot, konnte so wieder wenden und weiter die Bucht hochkreuzen:


Ich entdeckte auf der Suche nach einem geeigneten Ankerplatz mit dem Fernglas etwas außerhalb der Stadt, aber in Strandnähe, eine Tankstelle. Ein erleichtertes Grinsen huschte über mein Gesicht, da die Gegend auch als Ankerplatz geeignet schien. Ich überfuhr den Platz um die Tiefe zu loten und legte dann das Ankermanöver unter Segel hin. Ich ließ den Bügelanker allerdings noch unter Fahrt ausrauschen, da sonst ein Einfahren desselbigen nicht mehr möglich gewesen wäre. Dabei habe ich die Fahrt von Sandpiper etwas unterschätzt und nur mit Mühe die Ankerkette stoppen können… Ungewohnte Stille herrscht plötzlich an Bord, Sandpiper schwojt um den Anker, keine Fahrt ist mehr im Schiff. Von Ferne höre ich Verkehrslärm, das erste Mal seit längerem. Langsam fällt die innere Spannung von mir ab. Ich mache mir einen Kaffee und denke über die Fahrt nach. Ich bin stolz über das Erreichte und dankbar dafür, dass es das Schicksal wieder einmal gut mit mir gemeint hat.
Um 18:00 bin ich nach acht Tagen nonstop Fahrt, genauer gesagt nach 178 Stunden, in Siteia / Sitia an der Nordostküste von Kreta angekommen. Für eine Strecke von Luftlinie 335 sm (620 Km) benötigte ich eine gesegelte Strecke von 590sm (1092 Km). Ich erreichte dabei eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 3 Knoten (5,55 Km/h), also leider nur sehr wenig.
Hier die zurückgelegte Strecke:


Etmal: 95sm (gesamt: 590sm), Position: N 35°11,79’ / E 026° 08,21 ’

Freitag, 15. Mai 2009

7. Tag auf See

Die ganze Nacht konnte ich durchsegeln; allerdings nur Kurs SW. Viel Verkehr. Im Morgengrauen schläft der Wind ein, die Segel schlagen und Sandpiper schaukelt wie betrunken in der nachlaufenden Dünung. Ich opfere wieder einmal kostbares Benzin und versuche dem Flautenloch zu entkommen; das gelingt mir allerdings erst nach zwei Stunden. Dann kann ich zumindest Kurs NW anliegen und komme bis in die Nähe der Inseln Kasos und Karpathos. Kreta kommt endlich durch den Dunst in Sicht. In der Nacht schläft der Wind wieder komplett ein, die See wird spiegelglatt. Schön langsam macht sich bei mir das Schlafdefizit bemerkbar. Meine Stimmung ist gedämpft, da sich das Treffen mit Gerhard und Rosi wohl endgültig nicht mehr ausgehen wird. Verdammter Westwind… Nachdem mich die Strömung mit knapp einem Knoten nach NW versetzt berge ich die flappenden Segeln, setze zu meinem Positionslicht noch die Stroboskoplampe, schalte den akustischen Alarm des AIS Gerätes ein, lege mich etwas aufs Ohr und lasse Sandpiper einfach Treiben.

Etmal (um Mitternacht): 64sm (gesamt: 500sm), Position: N 35° 11,62’ / E 026° 52,73’
158 Stunden und 15 Minuten unterwegs.

Donnerstag, 14. Mai 2009

6. Tag auf See

06:00 Noch genau 100sm (Luftlinie…) bis zur Ostküste von Kreta…. Es ist zum verrückt werden mit dem konstanten Wind aus West.
Der oft geschmähten Großschifffahrt muss ich eine Lanze brechen: Durch die Bank nahmen sie sehr wohl Rücksicht auf mich und änderten rechtzeitig und ausreichend ihren Kurs, um mich nicht in Bedrängnis zu bringen! Zumindest bis jetzt…. Hier ist nämlich diesbezüglich einiges los, es herrscht viel Verkehr, die ganze Nacht hindurch.
Wieder hat ein kleiner Vogel für kurze Zeit Schutz und Zuflucht auf Sandpiper gefunden. Wieder einer von der gleichen Gattung wie die Beiden vor ihm. Es dürfte sich dabei allerdings um eine mit einem etwas schwachen Orientierungssinn ausgestattete Art handeln…
15:30 - Exakt 400sm abgesegelt. Und noch immer 83sm vom Ziel entfernt
Das Funkgerät fängt zu spinnen an, Dual - watch funktioniert nicht mehr, es springt unkontrolliert (mit Piepston...) von high auf low um, lässt sich auch nicht resetten. Natürlich ist es von Raymarine – so wie die beiden defekten Autopiloten auch…
Ein Verkehr herrscht hier wie auf einem Busbahnhof. Der Höchstwert auf meinen AIS – Bildschirm waren 10 Biggis im Umkreis von 32sm!

Etmal (um Mitternacht): 92sm (gesamt: 436sm), Position: N 34° 55,95’ / E 027° 38,77’
134 Stunden und 15 Minuten unterwegs. Und noch 67sm…

Mittwoch, 13. Mai 2009

5. Tag auf See

Die Nacht verläuft problemlos, ich konnte durchsegeln. Wieder beginnt der Tag mit einem strahlend blauen Himmel. Mit dem Hochsteigen der Sonne wird der Wind schwächer.
Um 08:30 bin ich auf Kollisionskurs mit dem Biggi „Lady Laila“. Ich bereite mich auf ein Ausweichmanöver vor, obwohl ich Wegerecht habe. Da bemerke ich, dass das Biggi seinen Kurs ändert, es läuft in einem anständigen Abstand an meinem Heck vorbei. Von der Brücke aus werde ich mit einem Fernglas beobachtet. Ich winke dankend hinüber, mein Gruß wird freundlich erwidert. Allzeit gute Fahrt, „Lady Laila“!
Um 08:40, nach 95 Stunden Fahrzeit habe ich 300sm hinter mich gebracht. Bis an die Ostküste Kretas sind es immer noch 130sm. Verdammtes Kreuzen gegen den Wind….

Ich bin gerade am Vorschiff beschäftigt, als die Luke aufgeht und der Klabautermann verschlafen herausmault:
„Was machst du da? Warum trampelst du wie ein Irrer im Morgengrauen am Vorschiff herum und jaulst dabei, als wenn dir wer kräftig in den Hintern getreten hätte?“
Ich trample nicht herum, ich tanze. Sieht man doch, oder? Ich jaule auch nicht, ich singe. Hört man doch, oder? Außerdem ist es schon 8 Uhr und die Sonne scheint!
„Tanzen? Singen? Und das nackt? Sag mal, was für ein Zeug rauchst du eigentlich?“
Ich rauche nicht, das weißt du doch. Außerdem tanze ich nicht zum Vergnügen. Das ist der „Tanz der der sieben Winde“. Es weht nämlich kein Wind, ich bräuchte aber selbigen dringend zum Segeln, weißt du?
„Wo hast du denn diesen Schwachsinn her?“
Aus dem Film „Der mit dem Wolf tanzt“
„Blödmann, das war doch ein Regentanz!“
Darum funktioniert es also nicht!
„Hör endlich auf mit diesem unästhetischen Rumgehüpfe. Mach endlich Frühstück. Was gibt es denn heute?“
Polenta. Maisgrieß in süßer Milch zu einem leckeren Brei aufgekocht, mit Honig und Rosinen fein abgeschmeckt. Dazu Kaffee soviel du möchtest.
„Du meinst dieses grausliche Zeug, dass schon unsere Vorfahren nur in Kriegszeiten und in äußerster Not zu sich nahmen? Hilfe! Ich halte das nicht mehr länger aus! Ich suche mir ein anderes Schiff, diese kulinarische Einöde ist ja nicht zum Aushalten! Nicht einmal für einen Klabautermann!“
Sprachs und verschwand wieder im Vorschiff…

Es geht weiterhin sehr zäh dahin. Das Baro zeigt seit Tagen einen waagerechten Strich auf dem Display an, das Meer ist fast unbewegt. Schön langsam komme ich mir vor wie Jason auf der Suche nach dem goldenen Vlies. Nur habe ich keine Argonauten dabei. Oder wie Odysseus, der irrte ja auch jahrelang über das Mittelmeer….
Mein GPS kann die zurückgelegte Fahrzeit nur bis 99:99:99 (??) anzeigen. Irgendwie blöd, wenn man so wie ich längere Strecken zurücklegt….
Bei dieser Überfahrt macht sich die Anschaffung des von Michi empfohlenen AIS – Radarwarngerätes äußerst positiv bemerkbar. Bis auf eine türkische Schnellfähre, die mit 25 Knoten angerauscht kam, haben alle Biggis ein AIS Signal ausgesendet. So konnte ich einen möglichen Kollisionskurs frühzeitig erkennen und entsprechend reagieren. Auch meine Schlafeinheiten kann ich relativ entspannt absolvieren, da mich beim Herannahen eines Biggis das Gerät zuverlässig akustisch weckt.
Wieder frischt es am Abend auf, wieder stimmt die Windrichtung nicht. Wenigstens geht was weiter….

Etmal (um Mitternacht): 72sm (gesamt: 344sm), Position: N 35°04,76’ / E 028°29,03’
110 Stunden und 15 Minuten unterwegs.

Dienstag, 12. Mai 2009

4. Tag auf See

Wieder beginnt der Tag mit einem strahlend blauen Himmel. Über den Wind spreche ich nicht, auf den bin ich böse…. Nach Ägypten wäre es zurzeit näher als nach Kreta! Entfernungsmäßig habe ich gerade mal ein Drittel der Distanz zurückgelegt. Kein einziges Schiff den ganzen Tag über gesehen! Wenn nicht ab und zu eine Navtexmeldung reinkommen würde könnte man meinen, ich wäre alleine auf der Welt. Ein kleiner Vogelschwarm und ein Reiherähnlicher Vogel überfliegen Sandpiper. Sonst zeigt sich kein Lebewesen.
Der Wind wird schwächer und schwächer. Sandpiper hat einen Wendewinkel zwischen 120 und 140 Grad, je nach Windstärke. Das ist schlichtweg eine Katastrophe. Ich zupfe und zerre an Schoten und Fallen, verändere die Achterstagspannung usw.; das volle Programm eben. Es nützt nicht viel. Am Nachmittag schläft dann der Wind ganz ein. Na gut, dann machen wir eben einen Verbrauchstest. Ich fahre den Tank komplett leer, um dann den genauen Verbrauch zu ermitteln. Um exakt 20:15 erreiche ich (gerade beim Verbrauchstest) die Hälfte der Strecke, 165sm; zurückgelegt habe ich aber zu diesem Zeitpunkt bereits 256sm… 82 Stunden und 30 Minuten bin ich nun schon nonstop unterwegs. Und noch 165sm vor mir!
Der Verkehr wird mehr, ich quere die Großschifffahrtsroute. Am Funk wird in allen möglichen Sprachen gequasselt, ich verstehe davon kein Wort…
00:30, der Tank ist leergefahren, die Verbrauchsermittlung abgeschlossen. Mit 20 Litern (aus dem Kanister) komme ich bei 4 Knoten Fahrt, fast keiner Welle und nur wenig Gegenwind auf 6 Stunden Fahrzeit und kann dabei 24sm zurücklegen; das ergibt einen Verbrauch von 0,84 Liter Gemisch pro Meile, oder 3,34 Liter in der Stunde.
Der Wind hat aufgefrischt, ich kann wieder die Segel setzen. Unter Vollzeug rauschen wir durch die mondhelle Nacht; leider wieder nur 215 statt 275 Grad …

Etmal (um Mitternacht): 79sm (gesamt: 272sm), Position: N 34°56,66’ / E 029°15,05’
86 Stunden und 15 Minuten unterwegs.

Montag, 11. Mai 2009

3. Tag auf See

Die Nacht verläuft problemlos. Die See wird etwas ruppig, der Wind frischt ein bisschen auf, ich kann mit 3-4 Knoten segeln, allerdings nicht ganz den Kurs, den ich müsste. Kein Schiff, kein Licht ist zu sehen. Einsam zieht Sandpiper seine Bahn, seinem fernen Ziel entgegen.
Im Morgengrauen sitzt mein gefiederter Gefährte auf der Pinne und plustert sein Gefieder auf. Als die Sonne aufging ließ er sich von ihr ein bisschen aufwärmen und flog dann fort. Weißt du überhaupt, in welche Richtung du musst, kleiner Vogel? Es ist so weit zum Land! Wärst du doch hier geblieben, hier warst du doch in Sicherheit! Hoffentlich schaffst du es. Ich weiß, das Lied der Freiheit klingt in dir und zog dich fort. So wie es mich immer wieder weiterzieht….

Als ich im Cockpit gemütlich herumlungernd gerade beim zweiten Frühstückskaffee angelangt bin steckt mein ständiger Begleiter, der Klabautermann, seinen Kopf aus dem Niedergang, sieht sich verschlafen um und meint erschreckt:
„Um Gottes Willen, kein Land in Sicht, hast du dich wieder einmal verfahren?“
Ich und verfahren? Unmöglich, die Amis haben ihr GPS System doch nicht abgeschaltet!
„Wo sind wir denn hier überhaupt?“
Auf dem Meer, oder glaubst du, ich habe Sandpiper auf den Neusiedlersee gebeamt?
„Idiot, wohin fahren wir denn?“
Nach Kreta.
„Was?? Spinnst du schon komplett? Wir waren doch gerade erst in Zypern! Was willst du denn auf Kreta?“
Kultur erleben, wandern, laufen, Rad fahren, usw. Kreta ist schließlich die größte griechische Insel, die fünftgrößte des ganzen Mittelmeeres, da wird sicherlich einiges geboten. Übrigens kommen die Laimers auch hin. Ein Treffen mit den Beiden wäre doch was, oder?
„Du mit deinen Aktivitäten! Bist du ein Spontanhektiker oder wie? Und wenn wir so weiterdümpeln wird es mit einem Treffen sowieso nichts! Wie weit ist es eigentlich noch?“
Ein paar Tage noch. Kommt auf den Wind an.
„Waas??? Ich entziehe dir gleich die Lizenz zum Segeln! Ich will gemütlich auf einem Barhocker lümmeln! Ein kühles Blondes vor mir und eine schöne Blonde neben mir! Nicht in dieser Rumpelkiste hilflos am Meer herumirren!“
Sei nicht so ungeduldig, Sandpiper ist nun mal nicht das Schnellste.
„Nicht das Schnellste? Soll das ein Witz sein? Ein Bund Stroh treibt schneller als wir segeln! Was scheppert da eigentlich immer im Kielbereich? Fürs unkontrollierte Scheppern bin doch ich zuständig!“
Das ist das Schwert. Dem Konstrukteur ist leider nichts Besseres dazu eingefallen.
„Aha. Was machst du da eigentlich?“
Ich lerne englisch. Ich wiederhole gerade die Personal pronouns – solltest du auch tun.
„Englisch?? Du solltest stattdessen lieber kochen lernen! Denn das was du kochen nennst ist ein unter Zuhilfenahme von Wärmezufuhr intuitives Zusammenmixen von dem was dir gerade in die Hände fällt! Manchmal wird das Ganze noch dazu am Fußboden serviert!“
Nörgle da nicht rum, mach lieber was Gescheites. Geschirrabwaschen zum Beispiel.
„Ich bin ein Klabautermann, der macht nie was Gescheites!“
Sprachs, drehte sich um und verschwand wieder im Niedergang…

Am Abend, als ich im Vorschiff etwas suche, trifft es mich unvorbereitet wie eine Faust in den Magen: Mein gefiederter Gefährte, den ich schon weit weg glaubte, liegt tot vor mir. Wahrscheinlich vor Erschöpfung gestorben; sein kleines Herz hatte einfach aufgehört zu schlagen. Bei seiner letzten Reise über Bord kippte dann bei mir die Stimmung, ich musste einfach drauflos heulen…. War dann der andere Vogel vielleicht sein Gefährte? Hat er auf ihn gewartet? Ich weiß es nicht…
Nicht einmal der grandiose Sonnenuntergang konnte mich aus meiner traurigen Stimmung reißen, der blöde Wind will und will auch nicht drehen. Wenn es so weitergeht, wird es nichts mit einem Treffen mit den Laimers. 215° kann ich anliegen, 275° bräuchte ich…

Etmal (um Mitternacht): 98sm (gesamt: 193sm), Position: N 34° 51,22’ / E 030° 29,78’

Sonntag, 10. Mai 2009

2. Tag auf See

Gegen 4 Uhr morgens schläft der Wind komplett ein. Sandpiper dümpelt in der Dünung, dass einem schlecht werden kann. Noch dazu versetzt mich eine Strömung mit gut einem Knoten nach NNO – also exakt dorthin, wo ich ganz sicher nicht hin will…. Das Deck ist patschnass, ich berge die Segel, lege mich etwas aufs Ohr und lasse mich treiben. Das Ergebnis: Ein Versatz von 2,5sm nach NNO. Na super… Bis Mittag dann kein Hauch von Wind. Das gibt’s doch nicht! Es wird sehr heiß, ich bastle ein bisschen am Schiff herum. Später versuche ich unter Motor, an den ausgelegten Langnetzen der Fischer vorbei, einen Böenstrich zu erreichen, wo ich mir zumindest ein bisschen Vortrieb erhoffe. Da bekomme ich unerwartet Besuch von Delfinen. Diese schlauen Tiere patrouillieren an den ausgelegten Netzen der Fischer entlang, um sich ihre Beute nicht selbst erjagen zu müssen. Diesmal war es aber kein gewöhnlicher Besuch; drei ausgewachsene Tiere spielten längere Zeit so knapp vor Sandpipers Bug, dass ich sie fast mit der Hand berühren konnte:


Es machte mir große Freude, diese herrlichen Säuger so nahe über einen längeren Zeitraum beobachten zu können:


Woher die Narben auf ihren Körpern stammen, kann ich allerdings nicht sagen. Bestimmt haben sie schon einige unangenehme Erlebnisse hinter sich….
Am Nachmittag kommt ein Haucherl von einem Wind auf. Der füllt zwar nicht mal meinen Blister, für 1,5 Knoten Fahrt reicht es aber gerade. Ich komme auf eine Lösung, wie ich den Radarreflektor am Günstigsten fahren kann und montiere ihn, lege meine Matratzen an Deck zum Auslüften (Ja, ich habe sie gegen Verlust gesichert…) und warte auf den Wind, der nicht und nicht kommen will. Zwei Schiffe kommen in Sichtweite, das ist alles. Das Meer ist nach wie vor stellenweise ziemlich dreckig. Nachdem es ziemlich heiß ist möchte ich nicht im Schiff kochen; das Ergebnis war vorhersehbar – mein schmackhafter Gemüsereis mit Thunfisch landete mitsamt dem Topf (wieder einmal…) auf den Boden. Auch an dieser Technik müssen wir noch etwas üben, mein lieber Gerhard!!
Wieder sucht ein völlig erschöpfter Vogel Zuflucht an Bord. Er lässt sich von mir fangen, nimmt aber kein Wasser und keine Brotkrümel an. Ich setze ihn in eine ruhige Ecke und lasse ihn in Ruhe ausrasten. Der kleine Kerl findet aber keine Ruhe und geistert durchs ganze Schiff, immer auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen. Dann probiert er es an Deck. Als Erstes schmiegt er sich an den (aufgeheizten) Solarwassersack...


...dort zieht es ihm aber anscheinend zuviel. Als nächstes probiert er es im Motorschacht - mit dem Erfolg, dass ich ihn von dort patschnass aus dem Wasser herausholen muss, da er es von alleine nicht mehr schafft. Er dürfte offenbar nicht gerade der Schlaumeier der Familie sein…... Ich schnappe ihn mir, trockne ihn ab und verfrachte ihn ins Vorschiff, wo ich ihm mit etwas Gewand so eine Art Nest baue. Mal sehen ob ihm das recht ist…

Etmal (um Mitternacht): 45sm (gesamt: 95sm) Position: N 35° 17,80’ / E 031° 49,51’

Samstag, 9. Mai 2009

Von Zypern nach Kreta, 1. Tag auf See

Es war eine etwas schaukelige Nacht, ein Fischer legt sich in meine Nähe. Dass in dieses letzte Eck wer kommt, mit dem habe ich natürlich nicht gerechnet. Ich springe auf, schnappe meine Stroboskoplampe und möchte sie in die Wanten hängen. Dabei habe ich, schlaftrunken wie ich war, ganz vergessen, dass ich das Hubdach zwar hochgestellt, aber nicht gesichert hatte. Natürlich habe ich mich beim nach vorne Eilen daran festgehalten. Und genauso natürlich ist es dadurch mit einem lauten Rumms zugefallen. Ca. 0,05 mm neben meinen (nackten…) Zehen. Wieder einmal Dusel gehabt…. Was lernen wir daraus? Ankerlicht auch am A…. der Welt setzen, das Hubdach immer sichern und Bordschuhe tragen! Merk dir das endlich, oder bist du etwa lernresistent??
Zeitig lichte ich den Anker, das Gegenankreuzen beginnt. Wenn nur dieser dauernde Westwind endlich drehen würde…. Den ganzen Tag über sichte ich nur 2 Schiffe; ein Vögelchen, einem Rotschwänzchen nicht unähnlich, ruht sich eine Zeitlang an Bord aus, bevor es wieder weiterfliegt. Es geht einfach nichts weiter; schwacher Wind und der kommt aus der falschen Richtung.
Ich erlebe einen herrlichen, fast kitschig anzusehenden, blutroten Sonnenuntergang:


Kurz danach steigt, ebenfalls blutrot, auf der anderen Himmelsseite der Vollmond empor. Für mich sind sie mystisch und erhebend, diese Augenblicke.

Etmal (um Mitternacht): 50sm gesegelt, zurückgelegt 25sm… Position: N 35° 23.37’ / E 032°24.08’

Freitag, 8. Mai 2009

Abschied von Zypern

Natürlich noch immer Westwind. Grrrrrr. Ich klariere aus, was in Nordzypern so eine Sache ist. Ein Marinaangestellter muss mit mir zu den Behörden gehen. Sagt zumindest die Mamsell im Marinabüro. Wozu der Aufwand, das kann ich doch alleine auch, oder? Nein, dass muss so sein, ist deren Antwort. Gut, wenn ihr meint… Der Papierkram ist relativ schnell erledigt, der Marinaangestellte war da schon von elementarem Vorteil! Das Ganze ist übrigens völlig kostenfrei gewesen, das Ein- wie auch das Ausklarieren. Aus dem Marinagelände darf ich nun nicht mehr hinaus, da bereits ausklariert. Sagt selbige Mamsell im Marinabüro. Eigentlich wollte ich noch etwas einkaufen, die letzten Lira unters Volk bringen. Daraus wird nun also nichts. Was soll’s, den aktuellen Wetterbericht noch schnell heruntergeladen, den Müll entsorgt, von Wilfried verabschiedet (hoffentlich sieht man sich mal wieder!) und schon richtet Sandpiper ihren Bug gen Westen:




Teilweise kann ich segeln, die meiste Zeit muss allerdings der Motor mithelfen. An der bergigen Küste entlang gurke ich meinem Tagesziel entgegen, dem Kap Korucam Burnu. Das ist das nordwestlichste Kap Zyperns:



Hier wird die Landschaft hügeliger, die Berge verlieren sich ins Flache. Der Wildwuchs an (oft leerstehenden) Siedlungen findet hier endlich sein Ende, die Natur tritt wieder in den Vordergrund:


Leider ist das Meer hier voll mit Zivilisationsabfall. Welche Menge an Kunststoffabfall auf oder knapp unter der Wasseroberfläche schwimmt, ist erschreckend. Den Zyprioten kann man aber (zumindest hier…) gar keinen Vorwurf machen, der Müll wird von weit her angetrieben….
Gleich neben dem 30 Meter hohen Gitter – Leuchtturm lege ich mich, nur wenig geschützt, vor Anker:


Ich habe diese Stelle als Ausgangspunkt für den morgigen Start eines langen Schlages ausgesucht: Es geht nach Kreta, nonstop! Das sind (Luftlinie…) bis an die Ostküste der Insel schlappe 325sm (600 Km)…. Da bin ich aber noch in keinem Hafen! Ich sehe es als Test an, eine kleine Vorbereitung für die große Überfahrt. An dem von der Witterung bizarr geformten, menschenleeren Kap nehme ich bei einem langen Strandspaziergang nicht nur physisch sondern auch mental Abschied. Abschied von einem wunderschönen Abschnitt meiner Reise. Ich kehre vom Orient in den Okzident, von Asien nach Europa, vom Morgenland ins Abendland zurück. Leb wohl schöne Türkei, adieu mein Zypern! Ihr wart Beide gut zu mir, niemand tat mir etwas Böses an, ich werde euch in guter Erinnerung behalten!
Ich trocknete das Schlauchboot und verstaute es im Vorschiff, bei einer so langen Fahrt würde es mich an Deck sonst nur stören. Sandpiper ist mit Brennstoff und Wasservorräten „aufmagaziniert“, Lebensmittel sind genug an Bord, das Schiff ist topp in Schuss. Nur der Skipper… Aber frisch rasiert geht’s so halbwegs mit ihm:


Etmal: 22,5sm, Position: N 35° 24,18’ / E 032° 55,39’

Donnerstag, 7. Mai 2009

Girne

Westwind….
Wäschewaschen und Einkaufen ist angesagt, ein paar kleine Servicearbeiten an Sandpiper werden noch durchgeführt, dann marschiere ich wieder los. Dieses Mal ist mein Ziel die Abtei von Bellapais. Richtig heißt sie eigentlich „Abbaye de la Paix“, d.h. Abtei des Friedens. Das Bauwerk gilt als Meisterwerk gotischer Kunst und als das Schönste im ganzen Nahen Osten:


Die gut erhaltene und restaurierte Abteiruine war den neuerlichen Wandertag jedenfalls wert:


Jetzt ist es aber genug mit dem Wandern, ich möchte wieder weiter. Sandpiper macht auch schon einen etwas ungeduldigen Eindruck…
Die Wettervorschau nervt schön langsam: Permanenter Westwind, genau die Richtung, in die ich will. Trotzdem, dann muss ich eben Aufkreuzen, was soll’s…
Wilfrid, einen netten Motorbootfahrer aus dem Raum Dortmund kennen gelernt und mit ihm einen gemütlichen Abend verbracht; wobei er mir einige wichtige Tipps für meine weitere Reise geben konnte.

Mittwoch, 6. Mai 2009

Girne

Westwind….
Die Marina ist zwar straff geführt, sauber und gut bewacht, das kalte Wasser der Dusche nervt aber trotzdem…
Die „Illusion“ läuft Richtung Alanya aus, ich starte zu einem längeren Marsch in die Botanik. Mein Ziel ist die Burgruine von St. Hilarion, der Hauptburg Zyperns:


Diese sollte die Insel vor den Angriffen der Araber schützen. Als Richard Löwenherz 1191 die Insel eroberte, hat sie bereits existiert, unter venezianischer Herrschaft wurde sie 1489 verlassen. Vom höchsten Punkt der Burg, 732m ü.d.M., genießt man einen herrlichen Ausblick über Zypern und das weite Meer:



Der Anmarsch war etwas stressig, da ich einen Großteil der Strecke an der vierspurigen Ausfallsstraße nach Levkosia / Nikosia zurücklegen musste; der Marsch hatte sich aber dennoch gelohnt, die herrliche Landschaft und der ansprechende Ruinenkomplex waren die Mühen leicht wert. Dieser ist wie ein Schwalbennest an einen steilen Bergkegel geklebt und architektonisch sehr interessant:


Teilweise führt die Straße zur Burg durch ein „kontrolliertes Gebiet“, das Verlassen der Hauptstraße und das Fotografieren ist dort streng verboten:



Vor einer Kaserne verbot man mir sogar das Fotografieren einer auf einem öffentlichen Platz stehenden Statue und einer Gedenkstätte für gefallene Soldaten. So was Idiotisches…
Da die Insel erst 1960 vom vereinigten Königreich in die Unabhängigkeit entlassen wurde, ist sie immer noch ziemlich „englischlastig“. Zahlreiche englische Touristen und der Linksverkehr zeugen davon. Geografisch wird sie zwar Asien zugeordnet, kulturell und politisch ist sie jedoch stark mit Europa verbunden. 1974 begann dann jenes menschliche Drama, welches bis heute anhält – die Teilung der Insel in zwei ethnische Teile….
Insgesamt legte ich einen Hatscher über 28 Kilometer hin – da machte mir dann das kalte Wasser der Marinadusche auch nichts mehr aus…

Dienstag, 5. Mai 2009

Girne

Das Wetter hat sich beruhigt, Westwind. Ich ziehe durch die Stadt um sie zu erkunden. Na ja. In den Seitenstraßen sieht es nicht so rosig aus, an den Berghängen breiten sich aber relativ schöne Villenviertel aus. Das Militär benötigt viel Raum, Kasernen und ähnliches gibt es mehr als genug; obwohl, auf den Strassen ist von den Militaristen wenig zusehen.


Normalbenzin kostet hier 1,80 YTL, Diesel 1,70 YTL; das sind rund 90 und 85 Eurocent.
Im alten Hafen stoße ich auf Heinz, Hans und Didi von der „Illusion“. Gemeinsam testeten wir dann die Leistungsfähigkeit der örtlichen Gastronomie…..

Montag, 4. Mai 2009

Girne

Am Morgen die noch notwendigen Marinaformalitäten erledigt, dann Sandpiper an den Marinasteg verlegt. Gerade noch rechtzeitig, bevor das Italientief heranrauscht. Ich habe das Wetterfenster optimal ausgenutzt, dabei wieder einmal Glück gehabt! Das Baro ist in 36 Stunden um 20 (!!!) Hektopascal gefallen, davon alleine in den letzten 12 Stunden um 10 – da muss ja was kommen; dem war dann auch so…. Eine gedruckte Sturmwarnung (8 Beauforts sind angesagt!) wird an die Schiffe verteilt. Die Marinaleitung und dessen Personal reagieren schnell und richtig, bieten Hilfestellung und zusätzliche Mooringleinen an. Gutes Service, muss man schon sagen. In der Marina bricht Hektik aus, aufkommender starker Wind und Schwell lässt Mooringleinen reißen und zwei Schiffe in arge Bedrängnis geraten. Die Marina ist gegen Schwell aus Osten leider nur sehr unzureichend geschützt. Sandpiper führt zwar einen gewaltigen Veitstanz auf, Drei Mooringleinen und vier Vorleinen müssen aber reichen… Dem englischen Schiff neben mir (Eine 40er Bavaria) reißt eine Kette (!!!) und eine Mooringleine, er kann den Platz nicht länger halten, kann sich nur mit Müh und Not an den Zollsteg verlegen, ein Australier kracht mit seinem Bug an den Steg, usw. Sandpiper wird fotografiert, es ist das „tanzende“ Schiff im Hafen. Mir macht es nicht viel aus, ich bin es ja schon lange genug gewöhnt….
Als sich die Situation etwas beruhigt ziehe ich los, um die Stadt zu erkunden. Dort treffe ich Didi und Hans von einer österreichischen Yacht. Deren Skipper, Heinz, ist an Bord geblieben. Wir besichtigen gemeinsam den malerischen alten Hafen, welcher leider total überfüllt ist, und das mächtige Kastell von Girne, einem sehr beeindruckender Festungsbau:


Dieser ist teilrestauriert und in einem guten Zustand; in seinem Inneren befindet sich ein Wrackmuseum:


Sowie einige interessante Ausstellungsstücke:


Insgesamt eine sehr sehenswerte Anlage.
Girne selbst ist eine quirlige und moderne Stadt, gegenüber der Festlandtürkei allerdings ein relativ teures Pflaster. Benzin und Diesel sind dafür wesentlich billiger als „drüben“.

Sonntag, 3. Mai 2009

Von Tasucu nach Zypern

03:00 – Ein verschlafener Skipper steckt seine Nase aus der Kajüte, diese registriert null Wind. Verdammt, ich hab doch nur diesen einen Tag als Wetterfenster, dann kommt das Italientief mit Starkwind und es dreht wieder auf West und ich sitze hier fest! Ein frustrierter Skipper legt sich wieder aufs Ohr.
06:30 – Ein leichtes Säuseln in den Wanten lässt den Skipper aufwachen. Es wird doch nicht… Doch, ganz leicht zwar, aber aus der richtigen Richtung. Jetzt oder nie. Es wird also wieder einmal eine Nachtankunft….
07:15 – Sandpiper will auslaufen, kann aber nicht, da der Anker wie einbetoniert hält. Kurzstag und hoch und nieder helfen nicht, Skipper beginnt leicht zu transpirieren.
07:20 – Wo rohe Kräfte sinnlos walten – der brutale Skipper bricht den Anker mit Motorkraft aus und holt mit diesem gleich geschätzte 10Kg Mergel (oder Ton) mit an die Wasseroberfläche.
07:30 – Sandpiper kann endlich auslaufen! Den Blister ohne Groß gesetzt, da ganz wenig Wind. Kurs 205 Grad liegt an, ca. 65sm voraus liegt das Ziel – Girne auf Zypern!
09:00 – Wind frischt auf, Sandpiper erreicht nur unter Blister Rumpfgeschwindigkeit.
09:15 – Sandpiper läuft aus dem Ruder, beim Bergen des Blisters geht dieser über Bord. Der Skipper schwört, in Zukunft den Blister immer in Verbindung mit dem Groß zu fahren und ihn immer in der Windabdeckung desselben zu bergen.
09:25 – High aspect Fock und 1. Reff im Groß.
10:00 – Boahhh, ist das geil!!!!
11:00 – 1. Reff ausgeschüttelt.
12:15 – Muss dieser komische Bananendampfer so knapp vor mir vorbeifahren??
13:30 – Skipper hat Hunger, eine Dose Thunfisch, eine Orange und drei Esslöffel Haselnussnougat halten ihn bei Laune.
14:30 – Skipper legt sich in die Koje, Sandpiper macht den Job alleine weiter.
15:00 – Das AIS (Radarwarngerät) gibt Laut, reißt den dösenden Skipper aus seinen wilden Träumen. die Schnellfähre Tasucu – Girne rauscht von hinten mit 25 Knoten heran.
15:30 - High aspect Fock eingerollt, Blister gesetzt.
16:00 – Die Küste Zyperns taucht im Dunst auf. Juhu!
Falls jemand nicht weiß, wie die Flagge von Nordzypern aussieht:


16:30 – Die Moral an Bord verfällt zusehends: Der Skipper bindet sich sein Stirnband um und beginnt laut „born to be wild“ zu singen. Er erinnert sich an die Zeit, als auf seinem Sturzhelm geschrieben stand: „Lieber tot als langsam“ – und das mit einem KTM – Moped „Ponny 2“….
17:00 – Blister zum Spinnaker umfunktioniert.
17:30 – Sandpiper läuft aus dem Ruder, Wasser im Cockpit. Skipper steuert mit der Hand, bis ihm der Adrenalinkick dann doch zu viel wird.
17:45 – Blister im Windschatten des Groß ohne Probleme geborgen, High aspect Fock ausgerollt.
19:00 - Langsam bricht die Dämmerung herein, ich bereite Sandpiper und mich für die Nachtfahrt vor. Die Stimmung an Bord ist hervorragend, das Abendessen kärglich…

In der Nacht macht es sich bezahlt, dass meine Windex von der im Masttopp montierten Dreifarbenlaterne angeleuchtet wird. So kann ich ohne Probleme den Winkel des scheinbaren Windeinfalles kontrollieren. Wir wieseln durch die Nacht, sind mutterseelenallein am Meer. Wer glaubt dass es sich bei der Nordzypriotischen Küste um eine menschenleere handelt, täuscht sich. Zumindest um den Bereich Girne herum begrüßt mich ein Lichtermeer. Dieses macht die Ansteuerung nicht einfacher, da es die Hafenfeuer überstrahlt… Es beginnt zu regnen, ich verziehe mich nach einem sorgfältigen Rundumblick unter Deck, kontrolliere Sandpipers Kurs am Laptop und korrigiere diesen mit der Fernsteuerung des Autopiloten – wunderbare Welt der Technik!
21:30 - Der Regen hat aufgehört, der Mond, knapp dreiviertel voll, beleuchtet nun geheimnisvoll die Szene, Sandpipers kurzlebige Schaumspur verliert sich in der Finsternis.
22:00 - Die Ansteuerung der Delta Marine Girne verläuft problemlos, nach einer Hafenrunde fängt mich das Marinapersonal mit einem Motorboot ab, lotst mich an den gut abgefenderten Zollsteg.
22:30 – Sandpiper legt sachte an, wir sind gut in Zypern angekommen!

Ich soll das Gelände nicht verlassen, bevor der Zoll und die Polizei bei mir waren. Die kommen um Mitternacht (!!!) und fahren mich mit dem Pkw in ihr Büro. Dabei lerne ich zum ersten Male Linksverkehr hautnah kennen. Ja, in Zypern wird links gefahren! Die Beamten sind trotz der mitternächtlichen Stunde freundlich und zuvorkommend. Obwohl Sonntag, entstehen mir keine Kosten. Ich bekomme keinen Visumstempel sondern nur ein Visum - Einlegeblatt, um bei einer eventuellen Einreise in den griechischen Teil Zyperns keine Probleme zu bekommen. An Bord zurückgekehrt sinkt ein müder aber glücklicher Skipper in seine Koje, ein herrlicher Segeltag hat ein gutes Ende gefunden!
Fahrzeit: 15 Stunden! – davon nur 1,5sm Motorfahrt (Ausfahrt Hafen Tasucu, Ankunft Hafen Girne)

Etmal: 67,5sm, Position: N 35° 20,47’ / E 033° 19,95’

Samstag, 2. Mai 2009

Tasucu

Der Wind kommt noch immer aus der falschen Richtung. Ich beschließe daher, einige längst fällige Arbeiten am Schiff durchzuführen: Ich verlege das bis dato nur provisorisch verlegte Kabel der Solaranlage nun anständig und installiere die Kabelfernsteuerung des Autopiloten. Auch eine (ins Süll eingelassene) Angelrutenhalterung wird montiert. Für all diese Arbeiten muss ich die Backskisten ausräumen, Löcher bohren, Anschlüsse eindichten und Strippen durchs Schiff in die Kajüte ziehen. Zum Glück bin ich schlank, sonst käme ich aus den Backskisten nicht mehr heraus. Klaustrophobisch darf man(n) dabei allerdings auch nicht veranlagt sein. Das untere Ruderlager ist zu meiner großen Freude nach wie vor dicht, der Reparaturversuch hat sich also gelohnt. Während des Arbeitens frischt der Wind (hier im Hafen!) auf 25, in Böen bis 30 Knoten auf. Dabei hat sich eine meiner Matratzen, welche ich zum Lüften auf der Sprayhood abgelegt hatte, ohne sich bei mir abzumelden selbständig gemacht. Gleich habe ich das gar nicht bemerkt, erst beim Einräumen fiel es mir auf. Ich entdeckte das für mein ungestörtes Schlafbedürfnis unbedingt notwendige Kuschelelement völlig mit Salzwasser durchtränkt (und dadurch um gut 10 Kg schwerer…) am Ufer. Das hast du wieder einmal gut hingekriegt, Gerhard, bravo! Nun war guter Rat teuer, denn bei dem starken Wind ist ein Gegenanrudern mit meinem Miniaturschlaucherl ein Ding der Unmöglichkeit. So montierte ich den Heckanker von der Ankerolina ab, verband diese mit dem Schlaucherl und ließ ich mich vom Wind ans Ufer treiben, von wo aus ich mich nach der Bergung der Matratze Hand über Hand an besagter Leine zum Schiff zurück hantelte. Warum habe ich gestern ein frisches T - Shirt und eine frische Short angezogen? Damit ich sie heute in einem Minischlauchboot sitzend mit Salzwasser durchtränken kann, für was denn sonst…. Meine Flüche verhallten ungehört im Heulen des Windes. Nun bin ich gespannt, wie viele Tage die Matratze zum Durchtrocknen benötigt; zwischenzeitlich muss ich wohl wie ein Yogi irgendwie das fehlende Kuschelelement überbrücken…
Laut Wetterbericht soll in der Nacht der Wind auf die mir genehme Richtung drehen. Wers glaubt wird selig. Trotzdem habe ich Sandpiper startklar gemacht und den Wecker auf 03:00 gestellt, denn ich will weiter…...

Freitag, 1. Mai 2009

Tasucu

Heute benutzte ich das Naturschutzgebiet…


…als Laufstrecke…


Beim Brandungsschwimmen...


...in Kombination mit Haare waschen – ich benutze ein Salzwassershampoo - wurde ich von der Marine beschützt:


Ihr konnte ich leider nicht mehr helfen:


Sie wies aber keine Biss- oder durch eine Schiffsschraube beigebrachte Verletzung auf; vermutlich starb sie eines natürlichen Todes.
Christian zeigte mir ein Geschäft in der Stadt, wo ich mir eine nordzypriotische Flagge besorgen konnte – mein nächstes Ziel steht also fest, es ist Girne im türkisch besetzten Teil Zyperns. Girne deshalb, da es der einzige „Port of entry“ Nordzyperns ist. Nun warte ich nur mehr darauf, dass der Wind endlich dreht – es gilt schließlich, ca. 65sm zu bewältigen….
Jetzt habe ich schon ausklariert, bin aber immer noch da. Bin gespannt, ob das Probleme ergibt…
Nachtrag zum Thema Chamäleon - Edeltraud teilte mir dazu folgendes mit:
„Ursprünglich stammen die Chamäleons aus Ostafrika. Ihre Vielfalt entstand allerdings in Westafrika und Madagaskar. Heutzutage findet man sie auf dem gesamten afrikanischen Kontinent, besonders auf Madagaskar und im Mittelmeergebiet, aber auch in Indien und Sri Lanka, der Türkei samt der Arabischen Halbinsel. Dennoch konzentriert sich der Hauptverbreitungsraum auf Afrika (außer Norden) und Madagaskar“.
Danke, Edeltraud. Ohne Deinem Hinweis hätte ich im brasilianischen Dschungel lange nach dieser Tierart Ausschau gehalten ….